In vielen Ortschaften ist das „Dritte Reich“ weitgehend aufgearbeitet. Zurückhaltend formuliert: In Rodenberg gibt es noch Lücken …

Ein erster Versuch soll gestartet werden mit dem relativ unverfänglichen – weil schon in der Weimarer Republik entstandenem – Thema „Landjahr“.

„Wache-Schieben“ an der Einfahrt

Das Landjahr wurde 1934 als achtmonatiger, in der Regel von April bis November dauernder Lageraufenthalt in ländlicher Umgebung in der Verantwortung des Reichserziehungsministeriums (REM) eingerichtet. Teilnehmer waren die 14- bis 15jährigen Volksschulabsolventen und -absolventinnen aus Großstädten, die zum Ende ihrer Schulzeit zum Landjahr einberufen wurden. Untergebracht wurden die Jugendlichen in leer stehenden Gebäuden, etwa ehemaligen Gutshäusern, Schlossern, Fabriken, Klöstern, Pfarr- und Wirtshäusern, die zu diesem Zweck vom Staat angemietet worden waren.

Landjahrlager an der Steinaue 3

Ausdrücklich kamen für das Landjahr „nur in körperlicher und geistiger Beziehung erbbiologisch gesunde und charakterlich wertvolle Kinder deutscher Nationalität und arischer Abstammung in Frage“. Die Zahl der Landjahrpflichtigen betrug 1934 21.000, stieg dann bis 1937 auf rund 32.000 und fiel – während des Krieges – bis 1944 auf etwa 16.000.

Das damalige Hauptgebäude als heute deutlich verkleinertes Wohnhaus

Mit dem Landjahr verbanden sich unterschiedliche, bereits auf die Weimarer Zeit zurückverweisende Absichten: Neben der Funktion als Maßnahme gegen Jugendarbeitslosigkeit sollte die schulentlassene Jugend vor den angeblichen Gefährdungen der Großstädte geschützt, nach Möglichkeit sogar von der Stadt aufs Land verpflanzt und ihr eine Berufsperspektive in der Landwirtschaft eröffnet werden, wobei bald der „deutsche Osten“ als bevorzugtes Siedlungsgebiet galt. Deshalb entstanden hier auch die meisten derartigen Lager. Selbstverständlich diente das Landjahr nicht zuletzt der nationalsozialistischen „Formationserziehung“.

„Ausmarsch“ am Tor

Der Lageraufenthalt bestand – mit Ausnahme der Erntezeit – in halb-, während der Erntezeit auch in ganztägigen, unbezahlten Arbeitseinsätzen sowie der Lagererziehung mit Diensten, Appellen, Ordnungsübungen, Sport, Geländespielen und -übungen, Fahrten, nationalpolitischer Schulung und musischer Erziehung. Letztere beinhaltete vornehmlich die Vermittlung des nazistisch geprägten „Liedgutes“.
(Quelle: http://www.museenkoeln.de/ausstellungen/nsd_0404_edelweiss/db_inhalt.asp?L=184, abgerufen am 19.09.2022)

Modell des Hofes 1938(?)

Erich Mertes aus Neuwied erinnert sich an sein Landjahr „(…) Warum ich damals zu diesen „Titeln“ kam, weiß ich heute nicht mehr zu sagen. Vielleicht weil ich 1940 als 14-jähriges Kind in ein Landjahrjungenlager in Rodenberg am Deister bei Hannover für sie­ben bis acht Monate geschickt wurde? Ich weiß es nicht, dort machte ich ledig­lich den Schwimmschein I und II. Aber, wir waren kaser­niert untergebracht und erhielten eine gewisse vormi­litärische Ausbildung. Nur der Karabiner war durch den Spa­ten ersetzt.“

(Quelle: https://www.heimatjahrbuch-vulkaneifel.de/VT/hjb2004/hjb2004.38.htm, abgerufen am 19.09.2022)

„Ohne Mampf kein Kampf!“

Das Rodenberger Landjahrlager befand sich an der Steinaue 3. Es wird in verschiedenen Quellen als „Hof Temps“ bezeichnet. Mir sind allerdings eher die Bezeichnungen „Edelhof Hammerstein“ geläufig. Nach dem Krieg wurde der Betrieb von der Familie Seehausen bewirtschaftet. Vom ehemaligen Betrieb ist nur das Wohngebäude, und auch dass nur zur Hälfte erhalten.