Bürgerbrief von 1919 für den Bergmann W. Gewecke, Grove Nr, 100, heute Masch 2

Kürzlich erreichte mich dir Frage, ob ich etwas zu den Rodenberger Bürgerbriefen wüsste. Ein Signal für mich, die mehrmonatige Sommer- und Beitragspause zu beenden …

In einzelnen Rodenberger Familien ist er noch vorhanden: Ein Bürgerbrief der Vorfahren, verliehen vom „Magistrat“ (Rat der Stadt) und unterschrieben vom jeweils amtierenden Bürgermeister.

Der Bürgerbrief war ein Dokument, welches in der Zeit zwischen dem Mittelalter bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts von vielen europäischen Städten und Kommunen auf Antrag erteilt wurde. Zugewanderten Bewohnern sollte die Möglichkeit zum Erwerb der vollen bürgerlichen Rechte zu gewährt werden.

In Rodenberg konnte er Bürgern verliehen werden, die innerhalb der Stadtbefestigung ein Haus besaßen. Das volle Stadtbürgerrecht war zunächst einzig und allein an den Besitz einer Bürgerstätte gebunden und konnte nur durch Erben eines solchen übertragen werden.

Voraussetzungen:
– Besitz einer Bürgerstätte, später von allgem. Grundeigentum
– Zunftzugehörigkeit
– einwandfreier Leumund
– ein regelmäßiges Einkommen
– Ablegen des Bürgereids
– Beteiligung an der Stadtverteidigung
– Begleichung des Bürgergeldes
– …

Vorteile:
– Der Bürger unterlag der Gerichtsbarkeit des Magistrates der Stadt
und nicht des Grafen/Kurfürsten.
– Wählbarkeit in städtische Ämter
– soziale Absicherung im Fall einer unverschuldeten Armut
– soziales Ansehen …
– ein gewisser Schutz bei Reisen („Ausweisersatz“)

Mit der Eingemeindung des Dorfes Grove und den Vorortgemeinden Mühlenstraße und Tor im Jahr 1838 wurde der Bürgerbrief auch an deren Bewohner verliehen.

Bürgerbrief von 1913 für den Maurer W. Meyerhoff, Grove Nr. 117 ½, heute St. Annen 4

Sogenannte „Einlieger“, also Mieter bekamen – wenn überhaupt – nur eingeschränkte Bürgerrechte. Die letzten Bürgerbriefe dürften Anfang der 20ger Jahre des letzten Jahrhunderts ausgestellt worden sein.

Heute geniest jeder Bürger mit deutscher Staatsbürgerschaft die vollen Bürgerrechte, weist sich aus durch den Personalausweis aus und meldet sich im Einwohnermeldeamt seines Wohnortes an, allerdings noch immer gegen eine Gebühr (!).

Adolf Mithoff lässt sich in der Rodenberger Chronik ausführlich zu den Bürgerbriefen aus, was ihr hier nachlesen könnt.